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Kapitalertragsteuer hat positive und negative Wirkung auf Start-up-Investitionen

Start-Up

TU Darmstadt: Fluch und Segen für Wagniskapital

Bei einer hohen Kapitalertragsteuer unterstützen Risikokapitalgeber weniger Start-ups. Allerdings steigt bei einem höheren Steuersatz der Anteil erfolgreicher Gründungen – die Venture-Capital-Geber scheinen die Erfolgsaussichten von Start-ups also gut einschätzen zu können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Wirtschaftswissenschaftlern der TU Darmstadt und der Ludwig-Maximilians-Universität München, die Finanzierungsentscheidungen von Venture-Capital-Gebern in 32 Ländern untersucht haben.

Viele Regierungen passen die politischen Rahmenbedingungen an, um die Gründung von Unternehmen und damit die Innovationsleistung ihrer Volkswirtschaften anzuregen. Ein Faktor, der als entscheidend für die Gründung und das Wachstum von Start-ups gilt, ist die Bereitstellung finanzieller Mittel durch Venture-Capital-Geber. Diese Mittel gewähren die Risikokapitalgeber aber häufig nur wenigen ausgewählten Start-ups, weshalb teilweise versucht wird, durch steuerpolitische Maßnahmen Venture-Capital-Aktivitäten anzuregen. Trotz des hohen politischen Interesses sind Steuerwirkungen in diesem Kontext allerdings weitgehend unerforscht.

Diese Wissenslücke wollten die Forscher aus Darmstadt und München mit ihrer aktuellen Studie „The Capital Gains Tax: A Curse but also a Blessing for Venture Capital Investment“, die im Journal of Small Business Management erschienen ist, schließen. „Ausgangspunkt für die Studie war, dass wir die negativen Finanzierungseffekte für Start-ups durch eine hohe Steuerbelastung der Venture-Capital-Geber quantifizieren wollten“, sagt Professorin Dr. Carolin Bock, Fachgebiet Gründungsmanagement am Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der TU Darmstadt, die gemeinsam mit Dr. Martin Watzinger von der LMU München die Studie durchführte. Dafür bauten sie einen weltweiten Datensatz auf, der auf mehr als 61.000 Finanzierungsentscheidungen für knapp 34.000 Start-ups aus 32 Ländern beruht und die Zeitspanne der Jahre 2000 bis 2012 umfasst. Durch die Ermittlung der jeweils geltenden Steuerbelastung für Venture-Capital-Geber durch die Kapitalertragsteuer konnten die Forscher deren Anreizwirkung herausarbeiten.

Das Ergebnis ist, dass eine Erhöhung des Steuersatzes der Kapitalertragsteuer dazu führt, dass Venture-Capital-Geber bedeutend weniger Start-ups Geld zur Verfügung stellen und dass hierdurch auch die Zahl erfolgreicher Start-ups – die für die langfristige Innovationswirkung so wichtig sind – massiv zurückgeht: „Der Effekt ist substantiell. Durchschnittlich betrachtet erhalten in Deutschland jährlich etwa 17,4 Start-ups pro zehn Millionen Einwohnern ihre erste Finanzierungsrunde durch Venture Capital. Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine Steuererhöhung um einen Prozentpunkt dazu führt, dass ungefähr 1,4 weniger Start-ups pro zehn Millionen Einwohnern erstmalig finanziert werden“, sagt Watzinger.

Die Wissenschaftler machten zugleich aber auch eine zunächst unerwartete Entdeckung: Bei steigenden Steuersätzen steigt der prozentuale Anteil an erfolgreichen Start-ups. „Interessant daran ist, dass Venture-Capital-Geber die Erfolgs-DNA von Start-ups wohl tatsächlich beurteilen können und durch Steuern knapper werdende Mittel effizient investieren“, sagt Bock. „Da höhere Steuersätze demnach bewirken, dass zunächst die für die Innovationsleistung so wichtigen erfolgreicheren Start-ups finanziert werden, könnte man Steuererhöhungen fast eine erzieherische Wirkung zusprechen“, erklärt Watzinger mit einem Augenzwinkern.

Eine generelle Befürwortung hoher Steuersätze könne man aus der Studie aber nicht ableiten, da die absolute Anzahl erfolgreicher Start-ups durch hohe Kapitalertragsteuern ebenfalls sinke. Wichtig sei daher die Erkenntnis, dass die Kapitalertragsteuer grundsätzlich einen negativen Effekt auf die Finanzierung von Start-ups entfaltet, dass aber Steuererhöhungen bei Venture-Capital-Gebern zumindest eine effiziente Entscheidungswirkung haben.

Technische Universität Darmstadt, Medieninformation vom 6. Dezember 2017


Andre Reischert

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