Großeltern können auch dann gegenüber dem Träger der Jugendhilfe einen Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die Vollzeitpflege von Enkelkindern haben, wenn sie das Jugendamt nicht ernsthaft vor die Alternative stellen, für ihre Entlohnung zu sorgen oder auf ihre Betreuungsdienste zu verzichten. Dies stellt das BVerwG klar.
Die Klägerin nahm ihre beiden Enkelkinder bei sich auf, weil die alleinstehende Mutter der Kinder, die Tochter der Klägerin, nicht für deren Erziehung sorgte. Das Amtsgericht übertrug der Klägerin die elterliche Sorge für die Kinder. Daraufhin beantragte diese beim Jugendamt der beklagten Stadt, die Kosten für die Vollzeitpflege der Kinder zu übernehmen. Dies lehnte das Jugendamt mit der Begründung ab, es bestehe kein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, weil die Kinder bei der Klägerin schon bislang gut untergebracht seien. Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe ihre Bereitschaft zur weiteren unentgeltlichen Pflege der Enkelkinder nicht in der Weise zurückgezogen, dass sie das Jugendamt vor die Wahl gestellt hätte, ihr Pflegegeld zu gewähren oder die Betreuung der Kinder einzustellen.
Das BVerwG hat die Entscheidung des OVG geändert und der Klage auf Übernahme der im Rahmen der Pflege erbrachten Aufwendungen stattgegeben. Das Jugendamt habe den Antrag der Klägerin mit fehlerhaften Erwägungen abgelehnt. Ein dringend zu deckender erzieherischer Bedarf habe vorgelegen, da durch den tatsächlichen Ausfall der leiblichen Eltern ein entsprechendes Defizit bestand. Die Vollzeitpflege durch die hierzu geeignete Klägerin sei notwendig gewesen, um diesen Bedarf zu decken. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Hilfe zur Erziehung seien deshalb erfüllt gewesen.
Dazu gehöre entgegen der Rechtsauffassung des OVG nicht die ernsthafte Erklärung von Großeltern, die Vollzeitpflege aufzugeben, wenn ihnen kein Pflegegeld gewährt werde. Diese in der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellte Anforderung sei jedenfalls überholt.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.12.2014, BVerwG 5 C 32.13
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