Der Aufwand für die Betreuung und Erziehung der Kinder begründet für Eltern keinen Anspruch darauf, weniger Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung sowie zur sozialen Pflegeversicherung zahlen zu müssen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in einem Musterverfahren entschieden und damit die Klage eines Ehepaares mit drei Kindern abgewiesen.
Die Kläger hatten gefordert, Beiträge nur in der Höhe der Hälfte der jetzigen „Bemessung“ (beziehungsweise unter Abzug von 833 Euro je Kind und Monat oder eines Betrages in Höhe des steuerlichen Existenzminimums) zahlen zu müssen. Damit sind sie in allen Instanzen erfolglos geblieben. Die der Beitragsbemessung zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen seien rechtmäßig angewandt worden, erläutert das BSG. Die Regelungen verstießen auch nicht gegen das Grundgesetz. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht scheide damit aus.
Der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung des Sozialversicherungsrechts einen weiten sozialpolitischen Spielraum, betont das BSG. Er bewege sich innerhalb der Grenzen dieses Gestaltungsspielraums, wenn er den Aufwand für die Betreuung und Erziehung von Kindern in verschiedenen Regelungen des Leistungsrechts berücksichtigt. Zu nennen seien insoweit in erster Linie die Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung und die beitragsfreie Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Schwelle der Verfassungswidrigkeit wegen eines nur unzureichenden Ausgleichs sei dabei nicht überschritten worden. Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 03.04.2001 (1 BvR 1629/94), in dessen Folge in der sozialen Pflegeversicherung ein Beitragszuschlag für Kinderlose von 0,25 Beitragssatzpunkten eingeführt worden sei, folge nichts anderes. Es lasse sich weder daraus noch aus anderen verfassungsrechtlichen Gründen ein Anspruch auf einen allgemeinen umfassenden Ausgleich der finanziellen Belastungen durch die Kinderbetreuung und -erziehung im Beitragsrecht der Sozialversicherung herleiten.
Die Anerkennung eines solchen Anspruchs würde zudem – vor allem wegen des Effekts der Versicherungspflicht- und Beitragsbemessungsgrenzen – die Gefahr neuer Verwerfungen in anderen Bereichen nach sich ziehen. Es sei Sache des Gesetzgebers, gegebenenfalls einen weitergehenden Ausgleich herbeizuführen. Der Zwölfte Senat des BSG hat insoweit an seiner schon früher ergangenen Rechtsprechung festgehalten (siehe zum Beispiel Urteil vom 05.07.2006, B 12 KR 20/04 R).
Bundessozialgericht, Urteil vom 30.09.2015, B 12 KR 15/12 R
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