Die Kosten eines Zivilprozesses sind auch dann als außergewöhnliche Belastung steuerlich abzugsfähig, wenn der Steuerpflichtige trotz Obsiegens vor Gericht infolge der Insolvenz des Prozessgegners die gesamten Rechtsanwaltskosten und auch die auf den Gegner entfallenden Gerichtskosten tragen muss. Dies hat das Finanzgericht (FG) Düsseldorf entschieden. Die von ihm zugelassene Revision läuft beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 56/14.
Die Klägerin ist von ihrem Ehemann geschieden. Nach der Scheidung kam es zu einer Vielzahl gerichtlicher Auseinandersetzungen, die überwiegend mit dem Zugewinnausgleich und dem nachehelichen Unterhalt im Zusammenhang standen. Über das Vermögen des geschiedenen Ehemannes der Klägerin ist zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet worden. In ihrer Steuererklärung für 2010 machte die Klägerin unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des BFH Gerichtsgebühren und Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastung geltend. Die Aufwendungen standen im Zusammenhang mit einem Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht, das die Klägerin im Anschluss an eine familienrechtliche Streitigkeit gegen ihren geschiedenen Ehemann geführt hatte. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen unter Berufung auf einen so genannten Nichtanwendungserlass nicht zum Abzug zu.
Das FG Düsseldorf hat der Klage stattgegeben. Nach der geänderten Rechtsprechung des BFH könnten Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen, da streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen und abzuwehren seien. Voraussetzung sei, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen habe. Der erkennende Senat schließe sich dieser Rechtsprechung – entgegen der Entscheidung eines anderen Senats des FG Düsseldorf – an.
In Anwendung dieser Grundsätze seien der Klägerin die Aufwendungen aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Sie habe sich auch nicht mutwillig oder leichtfertig auf das Verfahren eingelassen. Die Kosten stellten sich als unausweichlich dar, da die Rechtsverfolgung aus der Sicht eines verständigen Dritten hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten habe; die Klägerin habe weit überwiegend obsiegt. Der Zwangsläufigkeit stehe nicht entgegen, dass die Klägerin aufgrund der Insolvenz ihres geschiedenen Ehemannes die gesamten Rechtsanwaltskosten und auch die auf ihren geschiedenen Ehemann entfallenden Gerichtskosten habe tragen müssen. Denn auch insoweit habe sich letztlich das jedem Verfahren innewohnende Prozess- und Kostenrisiko realisiert.
Abschließend weist das FG darauf hin, dass die ab dem Veranlagungszeitraum 2013 anwendbare gesetzliche Neuregelung im Streitfall nicht zur Anwendung gelangt sei. Danach seien Prozesskosten vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handele sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.08.2014, 3 K 2493/12 E, nicht rechtskräftig
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