Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf ist in einem Verfahren, in dem um die Höhe von Einkünften aus Kapitalvermögen gestritten wurde, für eine depotübergreifende Verrechnung laufender Verluste eingetreten. Allerdings hat es die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2010 Kapitaleinkünfte aus einem Depot bei der A-Bank (137.899 Euro laufende Erträge und 11.109 Euro Veräußerungsgewinne), aus einem Depot bei der B-Bank (30.836 Euro laufende Erträge, 194.840 Euro Veräußerungsgewinne und 141.466 Euro Veräußerungsverluste) sowie aus einem Privatdarlehen (545 Euro). Für die Berechnung der abzuführenden Kapitalertragsteuer verrechnete die B-Bank die Veräußerungsverluste zunächst mit den laufenden Erträgen und sodann mit den Veräußerungsgewinnen. Die A-Bank berechnete die Kapitalertragsteuer auf der Grundlage der Kapitalerträge von 149.008 Euro. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger für seine Kapitalerträge die Günstigerprüfung, die Überprüfung des Steuereinbehalts und die Festsetzung der Kirchensteuer. Zudem stellte er den Antrag, die Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften zum 31.12.2009 in Höhe von 1,28 Millionen Euro zu verrechnen.
Das beklagte Finanzamt ging in Anknüpfung an die Verlustverrechnung der B-Bank von laufenden Erträgen von 138.444 Euro und Veräußerungsgewinnen beziehungsweise -verlusten von 95.318 Euro aus. Letzteren Betrag verrechnete es sodann in vollem Umfang mit dem Verlustvortrag aus privaten Veräußerungsgeschäften, sodass sich nach Abzug des Sparerfreibetrags verbleibende Kapitalerträge von 137.643 Euro ergaben. Der Kläger wandte sich gegen diese depotbezogene Verrechnung und beantragte, nur Kapitalerträge von 27.814 Euro der Abgeltungsteuer zu unterwerfen.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzamt habe die Verlustverrechnung zu Unrecht in der Weise vorgenommen, dass es zunächst die von den verschiedenen Banken vorgenommenen unterjährigen Verlustverrechnungen der Veranlagung als unabänderlich zugrunde gelegt und hierauf die Verlustverrechnung der „Altverluste“ aus privaten Veräußerungsgeschäften bezogen hat, so das FG. Im Rahmen der Veranlagung sei eine depotübergreifende Verrechnung der laufenden Verluste zu ermöglichen. Hieran sei mit der Verlustverrechnung der „Altverluste“ anzuknüpfen.
Zwar spreche die amtliche Begründung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 für die Gesetzesinterpretation der Finanzverwaltung. Diese führe im Ergebnis allerdings zu einer nicht nur einkunfts-, sondern sogar depotbezogenen Schedulenbesteuerung, wodurch sich je nach Anzahl und Art des Depots bei gleich hohen Kapitaleinkünften völlig unterschiedliche Besteuerungsergebnisse ergeben könnten. Die Besteuerung erfolge letztlich durch das Kreditinstitut, dessen depotbezogene Verrechnungen im Veranlagungsverfahren bindend blieben. Das gesetzgeberische Ziel, „Altverluste“ aus privaten Veräußerungsgeschäften wenigstens übergangsweise mit Veräußerungsgewinnen ausgleichen zu können, werde unter Umständen erheblich erschwert, was die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese beschränkte Verlustausgleichsmöglichkeit noch verstärke. Dies sei nicht hinnehmbar, zumal der Gesetzeswortlaut diese Interpretation nicht erfordere.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.03.2015, 16 K 4467/12 E
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