Was passiert mit dem Vermögen bei einer Erbengemeinschaft?
Wenn eine Person (der Erblasser) stirbt, geht ihr gesamtes Vermögen automatisch und ohne Gegenleistung auf die Erbengemeinschaft über – also auf alle Erben gemeinsam. Es spielt keine Rolle, ob es sich um Betriebsvermögen oder Privatvermögen handelt. Wichtig: Der Zeitpunkt des Todes und die spätere Aufteilung des Vermögens (Erbauseinandersetzung) sind rechtlich getrennte Vorgänge.
Die Erben bilden zunächst eine gemeinschaftliche Vermögensmasse, an der jeder entsprechend seines Anteils beteiligt ist. Dieses gemeinsame Eigentum kann theoretisch unendlich lange bestehen bleiben, wenn sich die Erben nicht über eine Aufteilung einigen.
Steuerliche Behandlung
Solange die Erbengemeinschaft besteht und keine Aufteilung erfolgt ist, wird sie steuerlich so behandelt, als ob jeder Erbe nur einen Teil (einen Bruchteil) der Einkünfte erhält:
- Bei Vermietungseinkünften (z. B. aus Immobilien) gilt die Gemeinschaft als Bruchteilsgemeinschaft.
- Bei gewerblichen Einkünften wird sie als Mitunternehmerschaft behandelt.
Die Einnahmen – zum Beispiel aus Miete oder einem Betrieb – werden den Miterben anteilig zugerechnet, je nach Höhe ihres Erbanteils. Diese Einnahmen müssen die Erben dann in ihrer persönlichen Steuererklärung angeben.
Praxis-Beispiel: Vererbung eines Online-Shops
Eine Mutter vererbt ihren erfolgreichen Online-Shop an ihre drei Kinder. Der Shop erzielt jährlich einen Gewinn von 30.000 €. Solange die Erbengemeinschaft besteht und der Shop gemeinsam geführt wird, erhält jedes Kind ein Drittel des Gewinns, also 10.000 €. Diese Einkünfte müssen von jedem Kind in der Einkommensteuererklärung angegeben werden.
Sobald sich die Geschwister einigen, wer den Shop alleine weiterführt (z. B. übernimmt ein Kind den Shop vollständig), endet die steuerliche Behandlung als Erbengemeinschaft. Ab diesem Zeitpunkt erhält nur noch dieses Kind die Einnahmen.
Steuer-Tipp: Rückwirkung bei Aufteilung
Wenn die Erben das Vermögen aufteilen (also die Erbengemeinschaft auflösen), kann die Aufteilung steuerlich rückwirkend auf den Zeitpunkt des Todes wirken – und zwar für maximal sechs Monate.
Das bedeutet: Wenn ein Erbe z. B. eine Immobilie aus dem Nachlass übernimmt, kann man vereinbaren, dass ihm die Mieteinnahmen bereits ab dem Tod des Erblassers zugerechnet werden. Diese Rückwirkung ist steuerlich erlaubt und spart bürokratischen Aufwand.
Fazit: Die Erbengemeinschaft entsteht automatisch beim Tod des Erblassers. Sie kann über Jahre bestehen bleiben – muss aber nicht. Steuerlich wichtig ist die Frage, wann und wie das Vermögen aufgeteilt wird. Eine klare Einigung unter den Erben kann vieles vereinfachen – auch gegenüber dem Finanzamt.